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Alltag mit der Katze

Ableitungen aus der lerntheoretischen Analyse typischer Verhaltensweisen von Katzenhaltern und ihren unbeabsichtigten, nachteiligen Konsequenzen.

Der Alltag einer Katze

Viele Menschen, die eine Verhaltensberatung für sich und ihre Katzen in Anspruch nehmen, möchten meiner Erfahrung nach nicht nur wissen, was sie tun können, um ihr Ziel zu erreichen. Sie möchten ganz häufig auch wissen, warum ihre eigenen Versuche gescheitert sind und warum die Maßnahmen, die ihnen nun empfohlen werden, funktionieren werden. Ob eine Management- und jede Therapiemaßnahmen die geplante Wirkung entfalten kann, können wir nur einschätzen, wenn wir sie vorher bewusst lerntheoretisch durchdacht haben. Nur so kann man zudem auch sicher sein, dass eine Maßnahme nicht nur wirkt, sondern dass sie vor allem auch nebenwirkungsfrei ist (bzw. ob wir / die Katzenhalter mögliche Nebenwirkungen bewusst in Kauf nehmen möchten).

In den vorangegangenen zwei Artikeln wurde Lerntheorie angewendet um zu verstehen, warum Handlungen von Katzenhaltern in Alltagssituationen im Zusammenleben mit der Katze bestimmte Folgen im Verhalten der Katze nach sich ziehen. Der Fokus lag dabei auf solchen Konsequenzen, die vom Halter nicht beabsichtigt werden und negative Auswirkungen auf die Katze, den Halter oder beide haben.

In diesem abschließenden Artikel geht es nun darum abzuleiten, wie man in den geschilderten Situationen so handeln kann, dass es möglichst keine nachteiligen Folgen für die Katze oder den Halter gibt bzw. wie man deren Ausmaß so gering wie möglich halten kann.

Respektieren statt Verwechslung von aktiver und passiver Nähe

Viele Katzen schätzen passive Nähe oder passiven Körperkontakt mit ihrem Menschen. Sie möchten nah sein, aber keine aktive Berührung. Reagiert der Mensch auf die Annäherung der Katze hin nur mit einem freundlichen „Hallo“, ohne die Katze länger anzusehen, sie zu berühren oder sogar länger zu streicheln, so stellt dies für die passive Nähe suchende Katze eine positive Bestärkung dar. Die Katze wird also künftig häufiger diese Form des Kontaktes zu ihrem Menschen suchen (operante Konditionierung), weil sie die Nähe ihres Menschen mit entspannten, unbedrängten, sicheren und wohligen Zeiten in Verbindung bringt (konditionierte emotionale Reaktion – KER).

Wenn man nicht sicher ist, ob die Katze gerade aktive oder passive Nähe sucht, lohnt sich in der Regel ein höfliches Abwarten. Die aktiv-kuschelbedürftige Katze wird Zeichen setzen: Anschmiegen, Markieren und Köpfchengeben an den Händen, Schnurren, Blinzeln, mit hoch gestrecktem Schwanz zum bevorzugten Schmuseort vorlaufen, u.ä. können Streichelaufforderungen sein. Den Kopf abwenden, sich Putzen, Körper anspannen, Ohren seitlich oder zurückstellen und Schlafen sind hingegen keine Zeichen für Streichelwünsche.

Verständnis und Verständigung statt Missverständnisse beim Streicheln

Haben Mensch und Katze erfolgreich die gemeinsame Kuschelstimmung erkannt, gelten auch hier für den Menschen zwei Grundregeln: Weniger ist mehr! Und: Aufmerksamkeit tut Not!

Nur ein Mensch, der mit seinen Gedanken und Sinnen bei der Katze ist, kann wahrnehmen, ob die Situation für seine Katze eigentlich noch angenehm ist. Er sollte sich bemühen, die Katze immer und grundsätzlich an den für sie schönsten Stellen zu streicheln und schon kleinste Signale (Körperspannung, Ohrenspiel, Schwanzbewegungen, Veränderung der Augen oder des Schnurrens) zu bemerken, die zeigen, dass etwas unangenehm wird oder genug gestreichelt wurde – und dann natürlich auch sofort (!) mit dem Beenden des Streichelns reagieren.

Beherzigt der Mensch diese Regeln, dann werden diese Kuschelmomente mit dem Menschen klassisch mit größtem Wohlgefühl verknüpft (KER) und die Katze lernt, dass es sich lohnt, diese Kuschelstunden zu initiieren (operante Konditionierung).

Hat man es mit einer Katze zu tun, die vormals gelernt hat, dass diese Signale grundsätzlich übersehen werden und sie deshalb nicht mehr anbietet, sollte der Mensch nach kurzen Streichelmomenten seine aktive Handlung unterbrechen. Gibt die Katze daraufhin keine weitere explizite Aufforderung, wird die Streichelsession beendet. Verlangt die Katze nach mehr, dann darf sie mehr bekommen – es sollte aber schon kurze Zeit später die nächste „Frage“ in Form einer Streichelpause folgen. Dieses Vorgehen ist auch bei passiven Katzen angemessen, die sich Streicheleinheiten nie aktiv abholen, diese aber durchaus genießen, wenn der Mensch sie ihnen im richtigen Moment anbietet. Auf diese Weise beendet der Mensch das Kuscheln, solange es für die Katze noch schön ist, und erzeugt dadurch eine positive KER auf aktiven Körperkontakt.

Schließlich ist es möglich, der Katze ein Abbruchsignal an die Hand oder besser: an die Pfote zu geben. Dies geschieht mittels operanter Konditionierung: Man hört immer sofort mit dem Streicheln auf, wenn die Katze ein bestimmtes Verhalten während des Gestreichelt-Werdens zeigt. Das könnte z.B. ein Blick zur Tür, eine leichte Kopfdrehung nach rechts oder ein kurzes Putzen sein. Die Katze lernt so ein Signal mit Bedeutung „Stop“ kennen, das der Mensch mit Sicherheit versteht – Aggressionen zwecks Distanzvergrößerung sind dann auf keinen Fall notwendig.

Manchmal sind „Hinrichtungen“ notwendig. Medizinische Maßnahmen müssen durchgeführt werden, auch wenn die Katze sie unangenehm oder sogar ängstigend findet. Auf keinen Fall sollte man die Katze aber rufen, um ihr dann etwas Unangenehmes zuzufügen. Stattdessen sollte man in diesen Fällen zur Katze hingehen und freundlich, aber kommentarlos und beherzt tun, was getan werden muss. Am besten passt man dafür einen einem Moment ab, in dem sie an einem für sie verhältnismäßig unwichtigem Ort ist und keiner lebenserhaltenden Aktivität nachgeht (Fressen, Schlafen, Toilette, Rückzugsort).

Bei einer tierärztlichen Behandlung oder in anderen für die Katze stressigen Situationen sollte der Halter es vermeiden, die Katze beim Namen zu nennen oder überhaupt allzu viel zu reden. Diese Vorgehensweisen halten den möglichen Schaden gering, da weder der Name der Katze (KER) noch ein unvermeidbares Verhalten (Schlafen, etc.) negativ verknüpft werden kann.

Die Katze sollte in einem Moment aus der unangenehmen Situation entlassen werden, in dem sie sich ruhig und still verhält. Ruhiges Verhalten in Stresssituationen wird so durch Beenden des Unangenehmen bzw. Distanzvergrößerung belohnt (operante Konditionierung).

Grundsätzlich sollte der Katze kein vermeidbarer Stress, wie zum Beispiel eine Fixierung während einer Katzenzusammenführung, zugefügt werden!

Die Horrorbox kann zum sicheren Ort werden

Abhängig vom Ziel des Halters gibt es verschiedene Wege, um an das „Transportboxproblem“ heranzugehen.

Der erste und einfache Weg besteht darin, der Transportbox ihren Ankündigungswert zu nehmen, indem sie ein Alltagsmöbel wird, das nicht ausschließlich für den Tierarztbesuch hervorgeholt wird. Wenn man gleichzeitig regelmäßig mit der Katze in der Box spielt, sie mit zufälligen Leckerchen attraktiv macht oder der Katze mit Clickertraining beibringt, freiwillig hinein zu gehen, wird die Transportbox für die Katze ein angenehmer Ort (KER), den aufzusuchen sich lohnt (operante Konditionierung). Liegt genug Zeit zwischen zwei Tierarztbesuchen, reicht dies aus, um die Katze entspannt in den Transportkorb sperren zu können. Der folgende Tierarztbesuch wird die positive Verknüpfung allerdings löschen und eventuell durch eine negative KER ersetzen. Achtung – Nebenwirkungsgefahr: Der Weg, auf dem die Katze in die Box gelotst wurde (Spiel, Clickern, Leckerlis), könnte von der Katze künftig gemieden werden, weil er positiv bestraft wurde (operante Konditionierung).

Der aufwändigere Weg besteht darin, mit der Katze die verschiedenen Schritte eines Tierarztbesuches zu üben und sie positiv zu verknüpfen. Clickertraining (operante Konditionierung mit starker positiver KER bei gutem Training) sowie Desensibilisierung/klassische Gegenkonditionierung sind die Methoden der Wahl, um dem Schließen der Transportbox, dem Anheben und Tragen der Box drinnen und draußen, der Autofahrt, dem Aufenthalt beim Tierarzt und den routinemäßigen Untersuchungen den Schrecken zu nehmen.

Niemals Zwang am stillen Örtchen

Der Mensch sollte sicherstellen, dass die Katze jederzeit ungestörten und sicheren Zugang zu ihren Katzentoiletten hat, so dass das Aufsuchen der Toilette für die Katze immer angenehm ist (operante Konditionierung und positive KER).

Ist die Katze unsauber oder markiert sie und wird sie dabei auf frischer Tat ertappt, sollte der Mensch tief durchatmen und die Tat der Katze ignorieren. Auf diese Weise verhindert er, dass sich die Katze als Reaktion auf eine Bestrafung vor ihm zurückzieht, Vertrauen verliert und sich andere alternative Toiletten bzw. Markierstellen sucht (je weniger Unsauberkeitsstellen, desto leichter die Therapie). Stattdessen sollte eine Ursachenanalyse angestoßen und dann systematische, katzenfreundliche Maßnahmen zur Lösung der Unsauberkeit ergriffen werden.

Durchschlafen statt (all-)nächtlichem Wecken

Im vorangegangen Artikel wurden verschiedene Szenarien des „ersten Mals“ beschrieben, bei dem die Katze lernt, was für tolle und spannende Sachen ihr Besitzer nachts mit ihr machen kann. Der Grundsatz hier lautet: Wehret den Anfängen!

Wenn eine Katze das erste Mal nachts miaut oder an der Tür kratzt, dann sollte der Mensch dies unbedingt ignorieren. Durch die ausbleibende Bestärkung wird nächtlicher Krawall nicht operant positiv konditioniert. Dieses Ignorieren sollte konsequent so lange andauern, bis die Katze wieder ruhig ist. Dies wäre dann der Moment aufzustehen und sicherzustellen, dass die Katze gesund ist und auch sonst alles in Ordnung ist (falls sie plötzlich und unerwartet nachts auf sich aufmerksam macht). Belohnt wird also das erwünschte, ruhige Verhalten der Katze.

Grundsätzlich sollten Katzenhalter Sorge tragen, dass Katzen niemals aus einem Mangel heraus auf sich aufmerksam machen müssen!

Ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und die Katze kommt jeden Morgen um 4.30 laut maunzend, können wir ihr etwas Neues beibringen: Der Mensch ist ja ohnehin bisher immer aufgestanden, um die Katze z.B. zu füttern. Das tut er auch weiterhin, aber ab jetzt steht er nicht auf, wenn die Katze schreit (kratzt, etc.) – jeder Krawall wird ignoriert. Stattdessen reagiert er, sobald die Katze einen kurzen Moment damit aufhört. Die Katze lernt so, dass es sich lohnt, ruhig zu sein (operante Konditionierung). Damit die Katze nicht mit ihrem ruhigen Verhalten ins Leere läuft, weil der Besitzer gar nicht erst wach wird, stellt der Besitzer sich nun vorerst selbst den Wecker auf 4.20 (das ist für den Anfang auch nicht schlimmer, als von der Katze geweckt zu werden). Die Katze lernt, dass der Halter, wenn sie ruhig ist, ganz von alleine aufsteht und Futter hinstellt. In langsamen kleinen Schritten kann dann die Weckzeit der Wunschaufstehzeit angenähert und die Katze dabei für stetig länger andauerndes ruhiges Warten belohnt werden (operante Konditionierung).

Kein Kratzen an Möbeln u.ä.

Wenn die Katze ein Verhalten zeigt, das den Menschen stört, muss als erstes sorgfältig geprüft werden, ob die arttypischen Bedürfnisse der Katze ausreichend befriedigt werden. Im Falle von Kratzmarkieren reicht es nicht, Kratzbretter und –bäume irgendwo in der Wohnung zu haben, sondern sie müssen an den für die Katze relevanten Stellen stehen (in der Nähe der Ruhezonen, Spielzonen, wichtigen Durch- und Eingängen). Weiter gilt es zu fragen, ob von einer Katze sinnvoller Weise erwartet werden kann, das gezeigte Verhalten zu unterlassen. Graben gehört beispielsweise zum natürlichen Ausscheidungsverhalten dazu. Wenn die dabei aus dem Katzenklo fallende Streu den Menschen stört, kann und sollte man der Katze nicht das Buddeln abgewöhnen. Hier sind Managementmaßnahmen als Kompromisslösung gefragt.

Das unerwünschte Verhalten, etwa Kratzmarkieren am Sessel, sollte vom ersten Moment an vom Halter ignoriert werden, um es nicht durch Aktion und Aufmerksamkeit ungewollt zu verstärken (operante Konditionierung). Stattdessen kann der Mensch dieses Mittel nutzen, das Kratzen an „legalen“ Kratzstellen für die Katze besonders lohnend zu machen, indem er sie für das Kratzen dort mit Ansprache und vor allem mit Spiel belohnt (operante Konditionierung).

Türklingel – „Yippieh“

Die Türklingel sowie der durch sie angekündigte Besuch können für eine Katze bewusst mit etwas Positivem verknüpft werden. Was als Belohnung gilt, entscheidet die Katze: Einige freuen sich über den Trubel und die Aufmerksamkeit der Besucher. Für alle anderen kann die Türklingel zur Ankündigung einer kleinen, aber feinen Leckerei werden (klassische Konditionierung).

Hat die Katze bereits negative Assoziationen mit der Türklingel, kann diese durch klassische Gegenkonditionierung neu und positiv belegt werden. In extremen Fällen kann es hilfreich sein, das alte Klingelgeräusch durch ein neues zu ersetzen, dass dann klassisch mit etwas Tollem verknüpft wird. Das Resultat ist in beiden Herangehensweisen eine Katze, in der die Türklingel positive Gefühle (KER) weckt und die sich folglich nicht verstecken muss.

Abbruchsignal vermeiden oder ebenfalls in „Yippieh“ verwandeln

Wie im vorherigen Artikel beschrieben, können die Türklingel oder das Auftauchen einer bestimmten Person (z.B. Freund/in, Lebenspartner/in) für die Katze zur Ankündigung eines Interaktionsabbruchs mit dem Besitzer werden. Dies kann auf zweierlei Weisen vermieden werden:

Wird Besuch erwartet oder ist es absehbar, dass die Kuschelrunde oder das Spiel wegen der besagten Person demnächst beendet werden muss, so sollte der Halter das schöne Zusammensein beenden, bevor diese Person das Zimmer betritt oder bevor es an der Tür klingelt – es sei denn, das Türklingeln ist bereits positiv verknüpft. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass die durch den Kontaktabbruch möglicherweise entstehende Frustration mit der Klingel oder dem bestimmten Menschen verknüpft wird.

Alternativ kann, wie vorher die Türklingel, die Ankunft einer bestimmten Person zur Ankündigung von etwas besonders Schönem werden, indem beispielsweise immer eine Leckerei hervorgezaubert oder ein spannendes Spiel angeboten wird (klassische Konditionierung bzw. klassische Gegenkonditionierung, falls schon negative KER vorhanden).

Positives Abbruchritual gestalten

Rituale geben Sicherheit und Klarheit. Abbruchrituale können Frustration vermeiden, wenn sie die Katze z.B. bei interaktivem Spiel oder Clickertraining vor fruchtlosen Fortsetzungsversuchen bewahren. Um zusätzlich sicherzustellen, dass das Beenden selbst keinen Frust auslöst und keine Handlungen (Fangen der Spielmaus) mit einer negativen KER verknüpft werden, können die folgenden Punkte beachtet werden:

Interaktives Spiel sollte nicht immer im gleichen Moment beendet werden. Beute wird manchmal gefangen, häufig folgen nach dem eigentlichen Fangen aber weitere Beutespiele – und manchmal entwischt die Beute auch und die Katze gibt auf. Folglich kann man auch das gemeinsame Spiel mit der Beute in solchen typischen Jagdmomenten beendet werden. Grundsätzlich sollte aber gewährleistet sein, dass die Katze im Laufe einer Spieleinheit genug Jagderfolge hat!

Alternativ – und das ist m.E. die bessere Variante – kann der Katzenhalter auf die Aktion, die er beendet, eine ganz wunderbare andere Aktion folgen lassen: Kuschelstunde, Leckerei oder anstehende Mahlzeit, Tür öffnen für Freigang, etc. Es gilt wieder: Die Prioritäten der Katze entscheiden darüber, was eine geeigneter positiver Reiz ist. Beim Clickertraining bietet es sich an, das Training nach einer erfolgreichen Übung mit einem Jackpot zu beenden, der außerhalb des typischen Clickerplatzes gegeben wird. Sowohl das Training als auch die letzte Übung werden so zum Abschluss noch einmal im Zuge der operanten Konditionierung mit einer besonders positiven KER „aufgeladen“, während die Katze gleichzeitig an einen Ort gelenkt wird, der nicht mit Trainingsassoziationen verknüpft ist. So fällt es ihr leichter, im Anschluss an das Training mit ihren normalen Katzentätigkeiten fortzufahren.

Gefährliches Futter – niemals in unangenehme Situationen locken!

Fressen ist lebensnotwendig. Auf gar keinen Fall sollte deshalb ein Katzenhalter riskieren, seiner Katze das Fressen zu verleiden, indem er es mit Angst oder Schmerzen verknüpft. Dies kann allzu leicht geschehen, wenn Futter benutzt wird, um eine Katze in unangenehme Situationen zu locken bzw. in solche, in der der Katze dann aus ihrer Sicht schlimme Dinge angetan werden.

Futter und Leckereien können allerdings ein ganz wertvolles Hilfsmittel sein, um einer Katze durch (klassische oder operante) Gegenkonditionierung Ängste zu nehmen und Unangenehmes „schmackhaft“ und damit „halb so schlimm“ zu machen (positive KER). Dafür muss das Futter aber unbedingt nach dem unangenehmen Reiz auftauchen, der nach einigen Wiederholungen zur Ankündigung der Leckerei wird (klassische Konditionierung). In Kombination mit einer Desensibilisierung kann die Katze auf diese Weise lernen, sich selbst freiwillig und bewusst in Situationen zu begeben (operante Konditionierung), die sie früher geängstigt haben und z.B. wieder von sich aus in die Transportbox zu gehen.

Fazit

Katzen sind verhältnismäßig autonome und selbstständige Mitbewohner. Sie sind aber als Haustiere gleichzeitig soziale Lebewesen, die mit einander und mit ihren Menschen kommunizieren und interagieren und aus Erfahrungen lernen. Katzen finden heraus, was ihnen positive und was negative Konsequenzen beschert und passen ihr Verhalten – soweit es ihnen ihr arttypisches Verhaltensrepertoire erlaubt – entsprechend an. Katzen sind folglich „erziehbar“, wenn man die richtigen Wege kennt und nutzt. Dabei darf der Fokus nicht auf dem liegen, was die Katze lassen soll, sondern die grundlegende Frage muss immer lauten: Was soll sie bitte tun und wie kann man dieses Verhalten für sie besonders lohnenswert machen?

Zudem kann eine Katze jederzeit neue Erfahrungen machen und dazulernen. Eine Katze, die heute ängstlich ist und sich vor bestimmten Dingen sehr fürchtet, behält vielleicht ihr Leben lang ein etwas ängstliches Naturell. Aber dennoch kann man dieser Katze ihre Ängste gegenüber speziellen Gegenständen, Lebewesen und Situationen nehmen und sogar gegen positive Emotionen eintauschen. Dafür braucht sie aber die Hilfe eines sensiblen und vor allem nachdenkenden Menschen!

Katzen haben in der Regel wenige Entscheidungsfreiheiten bezüglich ihres Zuhauses. Unter ethischen Gesichtspunkten ist es deshalb nur fair, wenn Katzenhalter ihrer Katze dabei helfen, sich in der manchmal sehr komischen Menschenwelt zurechtzufinden. In der Katzenverhaltensberatung haben wir die Chance, durch Aufklärungsarbeit an den Menschen die Lebensqualität vieler Katzen radikal zu verbessern. Wissen über die katzentypischen Bedürfnisse und Limitierungen sowie die grundlegenden Lernprinzipien ermöglichen es, ganz gewöhnliche Alltagssituation ebenso wie spezielle, individuelle Konstellationen zu analysieren und Handlungen und Maßnahmen daraus abzuleiten, die sich für Mensch und Katze positiv auswirken.

Zusammenfassend bleibt zu sagen: Lernen findet immer statt, und das gilt wirklich auch für Katzen!

Literatur:
Jean Donaldson: Meins. Birgit Laser Verlag, 2006.
Birgit Laser: Clickertraining – mehr als Spaß für Katzen. Birgit Laser Verlag, 2003.
Steven R. Lindsay: Handbook of applied dog behavior and training. Volume 3: Proxedures and Protocols. Chapter 1, Part 1. Blackwell, 2005.
Emma Parsons: Click to calm. KPCB, 2005.
Karen Pryor: Positiv bestärken – sanft erziehen. Kosmos, 2006, 2. Aufl.
Ken Ramirez: Animal Training. Successful Animal Management through Positive Reinforcement. Shedd, 1999.
Dorothee Schneider: Die Welt in seinem Kopf. Über das Lernverhalten von Hunden. animal learn Verlag, 2005.
Sabine Schroll: Verhaltensmedizin der Katze. Enke, 2004.
Kathy Sdao: Die Konsequenzen, wenn man Konsequenzen mischt: Verstärker und Strafen sind nicht kombinierbar. In: Clickermagazin 6/2009, S. 16-21.

Autorin

Christine Hauschild

Christine Hauschild, Soziologin und ATN-Absolventin, hat sich auf Verhalten, Haltung und Training von Katzen spezialisiert. Sie ist Mitglied im VdTT, seit März 2012 Supporting Member der International Association of Animal Behavior Consultants (IAABC) und hat bereits mehrere Bücher zum Thema Katze veröffentlicht. Ihre Homepage: www.happy-miez.de.

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