Alltagsbeschäftigung für Jagdhunde
Im Gespräch mit Hundehaltern und auf die Frage nach Beschäftigungsmöglichkeiten für ihren Vierbeiner tauchen immer wieder Begriffe wie Agility, Mantrailing, Dogdance oder sonstige Trendsportarten auf. Diese Hundesportarten haben alle ihre Berechtigung, aber einen jagdlich motivierten Hund wird diese Art von Beschäftigung noch lange nicht vom Jagen abhalten.
Viele Hunde – die eine Rasse mehr als die andere – haben das Bedürfnis, ihre jagdlichen Verhaltensmuster (Orten, Fixieren, Anpirschen, Hetzen, Packen, Töten) auszuleben. Wie schaffe ich es also, die Bedürfnisse meines Hundes zu befriedigen, ohne dass Wild oder gar Jogger oder Radfahrer zu Schaden kommen?
„Enrichment“
Dieser Begriff taucht vor allem in Bezug auf Tiere in Gefangenschaft auf. Er bedeutet dabei nichts anderes als eine bedürfnisbefriedigende Beschäftigung von Körper und Geist, denn Langeweile ist oft nicht nur “langweilig”, sondern kann tatsächlich krank machen. Unsere Haushunde leben zwar nicht in Gefangenschaft, dennoch benötigen sie eine typgerechte Auslastung. Nicht zuletzt auch, um Verhaltensproblemen vorzubeugen. Das macht es sinnvoll und erforderlich, für jagdlich motivierte Hunde einen Ersatz zu finden, der einer echten Jagd annähernd gleichkommt.
Als Ersatz eignet sich hier besonders gut die Dummyarbeit. Nicht nur für Retriever, sondern auch für augenorientierte Hunde, wie z.B. Hüte- oder Windhunde, ist das eine Beschäftigung, bei der sie richtige kleine Leidenschaften, namentlich die bereits oben angesprochenen Verhaltensmuster, wie sich schnell bewegende Objekte beobachten, ihnen nachlaufen und sie packen, ausleben können. Zwar ist Dummytraining eine Beschäftigung, die man als echten Leistungssport betreiben kann. Man muss sich aber nicht zwingend streng an die Regeln des Dummytrainings halten. Wer mag, kann auch selbst kreativ werden und sich verschiedene Apportierübungen ausdenken. Ich persönlich kombiniere sehr gerne die Dummyarbeit mit Bodentargets. Das bedeutet, dass der Hund, bevor er zu den Dummys geschickt wird, mit der Pfote die Targets berühren soll. Das erhöht Impulskontrolle, Frustrationstoleranz und Konzentration. Nachdem die Dummys ausgelegt wurden, kann man sich auch einige Meter vom Hund entfernen und ihn dann abrufen und als Belohnung zu den Dummys schicken. In diesem Fall würde gleichzeitig der Abruf mit Ablenkung geübt werden. Wie das Dummytraining mit Bodentargets funktioniert, sehen Sie hier:
Für Hunde, die eher nasenorientiert sind, eignet sich die Verlorensuche auf der Rückspur besonders gut.
Dazu legt man einen Dummy oder ähnliches auf dem Weg aus und schickt seinen Hund einige Meter später mit der Suchaufgabe zurück. Bei Profis können das über hundert Meter sein! Das Tolle daran: man schickt den Hund wie bei der Dummyarbeit aktiv jagen! Man hört praktisch einfach auf, dem Hund immer alles zu verbieten. Der Vierbeiner darf und soll sein Jagdverhalten ausführen. Dadurch wird er nicht nur mental und körperlich ausgelastet, sondern es wird auch noch die Kooperationsbereitschaft zu seinem Menschen gefördert.
Auch für Hunde, die noch nicht apportieren können, gibt es einfache Beschäftigungsmöglichkeiten, die keiner Vorübung bedürfen. Man kann z.B. Futter im Unterholz oder unter Laub verstreuen und den Hund ausgiebig schnüffeln lassen. Oder man steckt kleine Futterbrocken in die Rinde eines Baumes und lässt den Hund suchen. Die wildlebenden Vorfahren unserer Haushunde haben ebenfalls den Großteil des Tages damit verbracht, nach Futter zu suchen. Spielerische Futtersuche ist Hunden also durchaus willkommen. Viele Besitzer “mäkeliger” Hunde stellen übrigens oft fest, dass erarbeitetes Futter oft mit viel größerer Begeisterung verzehrt wird als “geschenktes”.
Ein weiteres Bedürfnis, besonders bei stark augenorientierten Hunden, ist Wild zu beobachten. Wenn man das Anzeigen statt Hetzen von Wild schon trainiert hat, ist es nützlich, dieses Anzeigen unter Signalkontrolle zu stellen, um es dann als bedürfnisbefriedigende Belohnung einsetzen zu können. Wenn mir z.B. meine Lucy ihre heiß geliebten Krähen anzeigt, bekommt sie einen Click und darf als Belohnung weiter beobachten. Manchmal kommt sie nach dem Click aber auch angerannt und möchte ihren Dummy hetzen, was sie dann natürlich auch darf.
Pausen sind wichtig
Trotz der verschiedenen vorgeschlagenen Beschäftigungsmöglichkeiten heißt das jetzt nicht, dass man den Hund während des Spaziergangs durchgehend beschäftigen soll. Immer wieder einmal eine kleine Übungseinheit von zwei bis drei Minuten reicht vollkommen aus. Regelmäßige, kurze Entspannungsphasen, in denen man sich z.B. auf eine Parkbank setzt und zusammen mit seinem Hund in Ruhe die Umwelt beobachten kann, sind sehr zu empfehlen. Und: Neben dem ausgewogenen Beschäftigungsprogramm muss ein Hund zwischendurch auch seinen Freilauf genießen können und die Möglichkeit haben in seine eigene Welt abzutauchen, die Umwelt zu erkunden und einfach mal Hund sein zu dürfen.
Autorin
Maria Arneth
Maria Arneth ist Tiermedizinische Fachangestellte und Hundeverhaltensberaterin/therapeutin mit ATN-Abschluss. Sie betreibt die Hundeschule DOGether im Taunus und arbeitet besonders gern mit Menschen und ihren jagdlich motivierten Hunden. Außerdem liegt ihr die gewaltfreie Ausbildung von Jagdhunden am Herzen. Ihre Homepage: www.maria-arneth.de.